Grundvorstellungen zur lokalen Änderungsrate

Der Begriff der Änderungsrate greift auf Erfahrungen aus der Sekundarstufe I zurück. Dort wird neben der absoluten Änderung auch die relative (oder auch mittlere) Änderungsrate betrachtet, so z.B. bei der Diskussion über Durchschnittsgeschwindigkeiten oder bei der Berechnung von Geradensteigungen mithilfe von Steigungsdreiecken.

Der Begriff der Rate bzw. Änderungsrate ist komplex und lässt viele Sichtweisen zu. So gibt es Lernende, für die die Änderungsrate eine einzige Größe ist, während sie für andere aus zwei Änderungen (Änderung des x- und y-Wertes) zusammengesetzt ist. Für wieder andere ist die Vorstellung vor allem mit dem Berechnungsterm verbunden. Nochmals andere Lernende nehmen an,

Änderungsraten seien immer Konstanten – möglicherweise ist dies einer Übergeneralisierung aus der Betrachtung von Geradensteigungen geschuldet.

Mittlere Änderungsraten beziehen sich auf ein Intervall und lassen sich mithilfe des Differenzenquotienten berechnen. Wird dieses Intervall nun systematisch verkleinert, so kann man schließlich durch Übergang zum Grenzwert einer Stelle ein lokales Änderungsverhalten zuschreiben.

Die Entwicklung der Grundvorstellung von der Ableitung als lokaler Änderungsrate baut auf dem Verständnis der mittleren Änderungsrate auf, erfordert dann aber ein qualitativ anderes Verständnis: Die lokale Änderungsrate ist, anders als die mittlere, kein Quotient, sondern der Grenzwert eines Quotienten. Sie ist eine idealisierte Größe und zu ihrer Berechnung ist mehr als die Kenntnis des Funktionswertes an einer Stelle nötig.

Zu einer umfassend ausgeprägten Grundvorstellung der lokalen Änderungsrate gehört die Entwicklung

Insbesondere erhält man durch Umformen der Gleichung \( \Delta y = f‘(x)\cdot\Delta x \) die Näherung für die Ableitung \( \frac{\Delta y}{\Delta x} = f‘(x) \), die etwa beim Ablesen oder Berechnen einer Steigung mithilfe von Steigungsdreiecken und bei vielen Anwendungssituationen – etwa in der Physik – verwendet wird.